Es wäre ein idealer Schauplatz, um die Musik Finnlands ins Rampenlicht zu rücken. Nur fünf Jahre später, im Jahr 1912, fanden auf ihre Initiative hin die ersten Opernfestspiele in Savonlinna statt und gehören somit zu den ersten Opernfestspielen der Welt. Die Gründung der Opernfestspiele Savonlinna steht in engem Zusammenhang mit dem aufkommenden finnischen Nationalismus und dem großen Wunsch nach Unabhängigkeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Finnland war zu jener Zeit noch als Großfürstentum in das russische Reich eingegliedert. 1918 wurde Finnland schließlich, zum ersten Mal in seiner Geschichte, unabhängig.
Unter Aino Ackté wurde die Burg Olavinlinna zu einem der wichtigsten Standorte der finnischen Opernkunst – in fünf Sommern wurden dort fünf finnische Opern aufgeführt. Praktisch bedeutete dieses, dass bei den Festspielen fast alle bis dahin komponierten finnischen Opern auf die Bühne gebracht wurden. Die erste ausländische Oper, die in der Burg Olavinlinna aufgeführt wurde, war Faust von Charles Gounod im Jahr 1916. Ackté, die Primadonna der großen Bühnen der Opernwelt, stand selbst als Marguerite auf der Bühne. 1930 wurde die erste Uraufführung bei den Opernfestspielen dargeboten, als das Singspiel Talkootanssit („Erntetanz“) von Ilmari Hannikainen inszeniert wurde.
Der erste Weltkrieg, die russische Revolution und der finnische Bürgerkrieg mit seinen daraus resultierenden finanziellen Schwierigkeiten für das Festival ruinierten jedoch die großen Pläne von Ackté, aber der Erfolg der Festspiele hatte sich schon außerhalb der finnischen Grenzen herumgesprochen.
Neuer Beginn
Seit 1955 wurden die sogenannten „Savonlinna Musiktage“ organisiert. Im Rahmen der auf die Ausbildung junger Künstler gerichteten Musiktage wurde 1962 auch ein Opernkurs angeboten.
Der Wiener Kammersänger Peter Klein, der als Lehrer für den Kurs tätig war, war der Ansicht, dass die Burg Olavinlinna als Bühne für den Opernkurs genutzt werden sollte. So entfachte die Idee über Oper in der Burg erneut. Neben Klein waren auch die großen Opernliebhaber Savonlinnas – Bürgermeister Viljo Virtanen, musikalischer Allroundman Pentti Savolainen und Touristikleiter der Stadt Savonlinna Pertti Mutka – mit an Bord.
Die Ideen und Pläne des finnisch-österreichischen Quartettes wurden mit der Zeit immer ehrgeiziger. Schließlich wählten sie Beethovens Fidelio, aber neben der studentischen Besetzung sollte die zweite Besetzung aus den besten damaligen finnischen Solist*innen bestehen. Nach jahrelangen Vorbereitungen wurde das große Ziel im Sommer 1967 erreicht: Die Premiere von Fidelio fand auf dem Burghof vor einem großen Publikum statt. Bei der Aufführung, die sogar im Fernsehen übertragen wurde, war der finnische Präsident Urho Kekkonen als Ehrengast anwesend. Damit hatten die Savonlinna Opernfestspiele ihren neuen großartigen Anfang genommen!
Aus dieser einwöchigen Veranstaltung haben sich die Opernfestspiele Savonlinna im Laufe der Jahre zu einem internationalen Festival entwickelt, das heute über einen Monat dauert. Von den jährlich ca. 60 000 Besucher*innen sind über 10 % internationale Gäste. Savonlinna ist zum Inbegriff des Sommerfestivals unter Opernfreund*innen in der ganzen Welt geworden. Der hohe künstlerische Anspruch der Festspiele hatte schon in den 1970er Jahren in großem Umfang Interesse und Begeisterung geweckt. Der Erfolg war vor allem dem weltberühmten Bassisten Martti Talvela zu verdanken. Talvela arbeitete als künstlerischer Leiter der Opernfestspiele und verfolgte konsequent das gleiche Ziel wie Aino Ackté zu ihrer Zeit – Savonlinna sollte das künstlerische Niveau der großen europäischen Festspiele erreichen und gleichzeitig der Welt das Beste der finnischen Opernszene präsentieren.